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Hochwasserschutz/Mainpromenade
Die topographische Lage der Stadt Freudenberg, zwischen dem dicht bewaldeten Bergausläufer des Odenwaldes und dem Main, hat der Stadt in den vergangenen Jahrhunderten unzählige verheerende Hochwasser gebracht. Mehr als 125 Gebäude waren betroffen, wenn das Wasser des Mains sich in die Stadt ergoss. Die historischen Eis- und Flutmauern waren eher der verzweifelte Versuch sich gegen das Hochwasser und treibendes Eis zu wehren, als wirksamer Schutz vor Überflutung. Was nach dem Ablaufen des Wassers blieb waren Schlamm, Dreck und feuchte Wände. Das Wasser kam nicht nur vom Main, sondern drückte durch Wände, Böden und Kanalisation. Die Bewohner, besonders der Altstadt, mussten mit Sandsäcken und Pumpen ausgerüstet sein. Der historisch höchste gemessene Pegelstand mit 10,83m fällt in das Jahr 1784.
Im Rahmen der städtebaulichen Untersuchung des Architektenbüros Wiechers & Beck im Jahr 2002 heißt es in den Grundlagen zum Bau eines Hochwasserschutzes: “Der Hochwasserschutz bildet eine wichtige Voraussetzung für die Entwicklungsfähigkeit der Stadt Freudenberg...Leitbild für die Entwicklung der Altstadt und Vorstadt ist, den unverwechselbaren Charakter der historischen Stadtanlage als Burgsiedlung herauszuarbeiten und die Lage am Fluss in der Gestaltung der Freiräume zu thematisieren”. Es mussten bei der Planung des Hochwasseschutzes eine Reihe wichtiger Überlegungen berücksichtigt werden: - die Schaffung von öffentlichen Freiräumen im Mainvorland, denn aufgrund der dichten Bebauung sind private Freiräume kaum vorhanden.
- Erhalt und Ausbau von Freiflächen
- ausreichendes Angebot an Stellplätzen
- Erhalt der Sichtbeziehung von Stadt und Fluss
- Erhalt des Bezuges zwischen Stadt und Flussaue
- touristische Entwicklung des Rad- und Flusswanderweges im Zusammenhang mit touristischen Freizeitangeboten.
Ziel all dieser Überlegungen war es Freudenberg vor einem 100-jährigen Hochwasser zu schützen. Ein solches Hochwasser wäre bei einem Pegelstand von 9,4 m erreicht. Zwar hat es ein derartiges Hochwasser seit 100 Jahren nicht mehr gegeben, aber angesichts der klimatischen Veränderungen sind die Risiken hierfür deutlich gestiegen. Um einen stationären Schutz gegen ein 100- jähriges Hochwasser zu errichten, hätte eine Mauer von ca. 4 m Höhe gebaut werden müssen. Die Beziehung Stadt - Main wäre verloren gegangen. Da die hinter der Stadtmauer liegenden Gebäude über dem jetzigen Niveau lagen, war es möglich das Mainvorland und die Mainstraße anzuheben. Die Garagen wurden angehoben und die Stadtansicht neu geordnet - eine wichtige Maßnahme innerhalb der Stadtsanierung. Das Mainufer wurde durch das Anheben des Uferbereiches unzugänglich, daher hat man die noch bestehende historischen Viehtränken ausgebaut und in Verlängerung der Altstadtgassen Zugänge zum Fluss geschaffen.
Entlang der Uferpromenade kann mit mobilen Elementen, je nach Überschwemmungshöhe, ein Hochwasserschutz bis HW 100 errichtet werden. Im Bereich der Mainstraße hinter der Brücke mainaufwärts, war es nicht möglich die Mainstraße anzuheben. Der Höhenunterschied wurde innerhalb der Promenade mit einer Stufe ausgeglichen und somit ein durchgängiges Hochwasserschutzsystem ermöglicht. Verbunden mit diesen baulichen Maßnahmen war der komplette Ausbau der Kanalisation innerhalb des Altstadtbereiches. Im Uferbereich gegenüber der Maingasse entstand eine Grünanlage mit Rosengarten, Kneipp- Becken, Boulebahn, Großschach und ein Pavillon.
Für zahllose Besucher und Touristen ist der “Maingarten” und die Gastronomie an der Promenade Ausflugsziel. Die Anlage ist Ort des “Zusammenkommens” von Bürgern und Gästen geworden. Über das Rad-Fußwanderwegenetz ist dieser “Treffpunkt” mit den Nachbargemeinden Bürgstadt, Miltenberg und Collenberg gut verbunden und reizvolles Ziel für Kurzausflüge mit dem Fahrrad oder den Inlineskates geworden. Der große Schiffsanleger wird von Hotelschiffen genutzt. Die Wanderruderer und kleineren Boote legen an den dafür vorgesehenen Stegen an und “Sonnenhungrige” nutzen die Sonnendecks auf den Mainwiesen. Die Beine an den Uferbänken ins Wasser zu tauchen ist ein reines Vergnügen. Ein solch ehrgeiziges Projekt, eingebunden in die Altstadtsanierung fand anfänglich Skeptiker und Befürworter. Das Land Baden-Württemberg hat die Maßnahmen maßgeblich mitfinanziert.
Der letzte Bauabschnitt wurde nach einer Bauzeit von 8 Jahren mit dem “Määuferfest” 2010 feierlich eingeweiht. Einer ersten Hochwasserprüfung mit einem Pegelstand von 8,03 hielt der Hochwasserschutz mit den mobilen Aufbauten im Januar 2011 stand.
Gruppenführungen entlang der Mainpromenade und er alten Burgsiedlung Freudenberg sind auf Anfrage möglich.
Quelle: Städtebauliche Untersuchung, Wiechers & Beck, Architekten, 2002
Text: Caroline Becker M. A. Tourismus & Kultur
Fotos:Franz Hofmann